Für Finanzberater ist das eine Chance, die Kunden noch enger an sich zu binden. Diese wollen aber nicht nur das neueste und beste Finanzprodukt kennenlernen, sondern auch unterhalten werden. Wer das nicht beachtet, der muss sich nicht wundern, wenn seine Kunden ihre Ersparnisse plötzlich dazu benutzen, Finanzabenteuer zu finanzieren und zwar solche, an deren Abschluss der Finanzberater nicht beteiligt ist.
P & R, CumEx und Wirecard - wir leben offenbar in einer Zeit der großen Finanzkatastrophen. Dazu kommen die vielen kleinen, die nicht den Weg in die Medien finden. Geschädigt sind wir alle, direkt als betroffene Anleger oder indirekt als Steuerzahler. Der Ruf der Finanzbranche leidet.
Allerdings sind die Vorgänge so komplex, dass die Details in der breiten Öffentlichkeit meist nicht ankommen, weil sie von den Publikumsmedien kaum behandelt werden. Die hohen Schadenzahlen alleine, teilweise weit über der Milliarden-Marke, beseitigen das Unverständnis nicht.
Finanzberater sollten sich da mal das Thema Boiler-Room-Fraud anschauen. Zwar klingt die deutsche Übersetzung (Wikipedia) "Heizungsraum-Betrug" wenig exotisch. Eine treffendere Übersetzung wäre "Anleger-Abkochraum-Betrug".
Das Arbeitsprinzip der Boiler-Rooms ist ganz simpel: Anleger gewinnen, ihnen tolle Gewinne vorspiegeln, das Geld nehmen und an sichere Orte schaffen, spurlos verschwinden. Was nicht passiert: Dass das Geld tatsächlich irgendwo irgendwie für den Anleger angelegt wird.
Im Boiler-Room sitzen an Schreibtischen mit Telefonen und Computern meist äußerst geschickte Telefonverkäufer. Die Kunden werden per in Deutschland verbotener Kaltakquise von dem darauf spezialisierten Kollegen angerufen und schon mal "heiß" gemacht. Dann übernimmt der "Spezialist", der nun den Super-Anlagetipp herausrückt, der nur noch wenige Minuten zu haben ist.
"Ich garantiere Ihnen 30 % plus bis übermorgen, wenn Sie heute noch einzahlen. Diese Chance erhalten von uns nur zehn Kunden." Der Kunde setzt sich an den Computer und überweist das Geld, Wenige Tage später erhält er die Erfolgsmeldung. Es sind nicht nur 30, sondern 50 % geworden. "Und jetzt haben wir eine noch viel bessere Investitionsmöglichkeit für Sie. Der Mindestbetrag ist allerdings 500.000 EUR. Wir können das auf fünf Kunden zu je 100.000 splitten, aber dann müssen Sie sich sofort entscheiden. Sie können auch mehrere Splits ordern."
Die Boiler-Room-Mannschaft hat natürlich längst durch geschickte Befragung herausgefunden, wann der Kunde "leer" ist und beendet das "Melken" genau an diesem Punkt. Dann bricht der Kontakt ab. Die Firma gibt es nicht (gab es nie) und der Berater geht nicht mehr ans Telefon. Der Kunde hat keine Nachweise und weiß nur, dass er mit einem Herrn Hans Schmidt gesprochen hat. Der Weg des Geldes verliert sich in der Südsee. Da ergeben sich weder für die Polizei noch die Staatsanwaltschaft und auch nicht für einen noch so cleveren Anwalt Ansatzpunkte.
Aktuell sind es vor allem zwei Abzockmethoden, die aus Boiler-Rooms heraus betrieben werden: Der Identitätsdiebstahl und der Trading-Betrug. Beide Methoden haben viel mit dem Internet zu tun, wo einerseits Kunden eingefangen werden und wo andererseits mittels glamourös gestalteter Homepages dem Anleger Kompetenz und Erfolg des Anbieters vorgespiegelt werden. Während beim Identitätsdiebstahl der Name bekannter und registrierter Finanzdienstleister zur Anlegertäuschung missbraucht wird, wird mit dem Stichwort "Trading" Gier und Abenteuerlust geweckt.
Die belgische Finanzaufsicht FSMA nennt (unter dem 10.09.2020), nicht ohne darauf hinzuweisen, dass die angebotenen Produkte wertlos sind, weitere Betätigungsfelder von Boiler-Rooms: Aktienangebote, Vermögensverwaltung, Termingeschäfte, Anlageberatung und Anlagen in Crowd- Investing-Projekten
In den Boiler-Rooms sitzen Spezialisten, die auf Anleger Druck ausüben, damit sie immer mehr Geld investieren und das gelingt sehr oft.
Falls er bereits eingezahlt hat, gilt die einfache aber ernüchternde Wahrheit: Das wird extrem selten gelingen. Boiler-Rooms sind meist nicht als Firma eingetragen. Die Adresse, die in der Homepage angegeben wird, muss nicht stimmen bzw. stimmt selten. Namen von Kontaktpersonen sind, falls vorhanden, gefälscht.
Der Anleger behält sein Geld, wenn er auf das Angebot nicht eingeht. Er sollte prüfen, ob die Firma bei der Finanzaufsicht am Firmensitz registriert ist. Fast jedes Land führt solche Listen. Wenn es nicht gelingt, den Firmennamen in der jeweiligen Liste zu finden, dann sollte der Anleger einfach nicht investieren.
Florian Daumann von der Deutsche Finanz Recherche GmbH bietet Finanzberatern die Möglichkeit eines kostenlosen Kurzchecks in der firmeneigenen Datenbank, die aktuell rund 7.500 Firmennamen enthält. Falls dies nicht erfolgreich ist, bietet die Firma gegen eine geringe Gebühr eine Kurzrecherche an. Das ist z.B. dann notwendig, wenn der Anbieter noch jung am Markt ist und deshalb noch nicht den Weg in die Datenbank gefunden hat.
Hilfe bekommt man auch bei den Verbraucherzentralen, auf deren Warnliste das eine oder andere Finanzprodukt aus dem Boiler-Room erwähnt wird. Auch die BaFin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) warnt auf ihrer Homepage vor vielen Anbietern.
Dieser Beitrag wurde erstellt von Helmut Kapferer.
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