Lucius ist selbst als Leitender Aktuar verschiedener Pensionskassen - darunter der Kölner Pensionskasse (z.B. Geschäftsjahr 2018) - verantwortlich tätig. Er sagt zur aktuellen Situation: "Viele Pensionskassen brauchen mehr Risikotragfähigkeit, um die anhaltende Niedrigzinssituation und die beständige Verlängerung der Lebenserwartung bewältigen zu können". Das überrascht nach den Paukenschlägen der letzten Jahre nicht wirklich: ca. 69.000 Anwärter und Betriebsrentner von allein drei Pensionskassen (Kölner Pensionskasse, Caritas Pensionskasse und Steuerberater Pensionskasse) mussten Leistungskürzungen hinnehmen. Begründet wurde das mit der Niedrigzinsphase und - etwas weniger vernehmlich - der zu optimistisch kalkulierten Langlebigkeit. Die hohen Rechnungsgrundlagen führten zu deutlich höheren garantierten Renten - oft im Wettbewerb mit den Versicherern, die schon länger geringere Rechnungszinsen aufsichtsrechtlich ansetzen mussten und seit 2004 vorsichtig kalkulierte Sterbetafeln mit Trendannahmen verwendeten. Zu diesem "Wettbewerbsvorteil" empfahl 2008 die Stiftung Warentest in Finanztest vollmundig: "Pensionskassen - Die Vereine liegen vorn" und die Kölner Pensionskasse nutzte dies in einer Pressemitteilung: "Kölner Pensionskasse - Deutschlands bestes Pensionskassen-Angebot". Das Internet vergisst auch das nicht.
Doch zurück zur Verlautbarung der bAV-Aktuare. Der Grund für die Herausforderung vieler Pensionskassen liege im Geschäftsmodell der Pensionskassen: Dies sei immer darauf ausgerichtet gewesen, aus den Beiträgen des Kollektivs möglichst effizient hohe Leistungen mit der erforderlichen Sicherheit für das Kollektiv zu finanzieren. Gewinne seien eher zugunsten von Leistungserhöhungen verwendet worden, als zum Aufbau freier Eigenmittel.
Als Lösung skizziert Lucius zwei Optionen: "Entweder die Pensionskassen senken ihre Annahmen darüber, was sie künftig am Kapitalmarkt erwirtschaften können. Dann müssen sie zwangsläufig die Reserven für die vorhandenen Garantiezusagen in erheblichem Umfang anheben. Oder sie gehen in den Kapitalanlagen höhere Risiken ein, um dauerhaft Erträge erwirtschaften zu können, wie sie in der ursprünglichen Tarifkalkulation einmal unterstellt worden waren." Um die damit verbundenen Schwankungsrisiken aufzufangen, benötigen die Pensionskassen freie, unbelastete Eigenmittel. "Wenn diese nicht vorhanden sind, müssen sie von außen bereitgestellt werden. Beide Varianten kosten Geld", so Lucius.
Damit wird es für Arbeitgeber teuer: Denn diese zusätzlichen Mittel müssten letztendlich von den Trägerunternehmen aufgebracht werden, da sie als Arbeitgeber für die Zusagen der Pensionskassen einstehen. "Aus aktuarieller Sicht kann ich den Trägerunternehmen nur dringend empfehlen, dem Beispiel vieler Firmen zu folgen, die sich bereits zu dieser Verantwortung bekannt und für ihre Pensionskassen zusätzliche Mittel bereitgestellt haben", betont Lucius und schließt sich damit dem steten Aufruf von Dr. Frank Grund, Exekutivdirektor Versicherungs- und Pensionsfonds der BaFin, an.
Die Trägerunternehmen seien nicht gut beraten, es auf eine Sanierung durch Leistungskürzungen ankommen zu lassen. "Dieser letzte Ausweg geht in der Regel mit einem vollständigen Verbrauch der Eigenmittel und damit einem weitgehenden Verlust der Risikotragfähigkeit der Kasse einher. Im schlimmsten Fall folgen ein Neugeschäftsverbot und die Abwicklung der Einrichtung. Das ist am Ende die teuerste Lösung für die Arbeitgeber", erklärt Lucius. Genau das erleben jetzt Arbeitgeber, die ihre betriebliche Altersversorgung, z.B über die Kölner Pensionskasse oder Pensionskasse der Caritas, durchführten.
Die Pressemitteilung erfolgte am gleichen Tag, an dem im Bundestag die neue Sicherung von Pensionskassenleistungen durch den Pensions-Sicherungs-Verein beschlossen wurde: "Und wo es beispielsweise aufgrund von Insolvenzen keinen einstandspflichtigen Arbeitgeber mehr gibt," sagt Lucius zur neuen Rechtslage, "muss künftig der Pensions-Sicherungs-Verein einspringen". Mit anderen Worten: Alle Arbeitgeber, die Pensionskassen nutzen, die jetzt von der Pensionssicherungspflicht betroffen sind, müssen für die Versäumnisse zahlen, damit Schutzlücken für die Betriebsrentner geschlossen werden. Der Sicherungsbeitrag, der ab 2021 fällig wird, macht Pensionskassenversorgungen für Arbeitgeber ein Stück teurer und aufwändiger.
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